„Der Bildung eines Arbeitskreises Deutsch-Französischer Gesellschaften wird zugestimmt. (…) Die Deutsch-Französische Gesellschaft Wetzlar wird gebeten, die Federführung des Arbeitskreises zu übernehmen. Die zustimmenden Gesellschaften verpflichten sich der Gesellschaft Wetzlar die gewünschten Informationen zuzuleiten. (…) Die Deutsch-Französischen Gesellschaften, die sich bisher zu einer Zusammenarbeit nicht entschließen konnten, sind hierzu herzlich eingeladen.“ (Mehdorn: Französ. Kultur. S.337)
Diese Resolution vom 27. Juni 1957 war die Geburtsstunde der VDFG für Europa e.V. und mittelbar auch der FAFA pour l’Europe. Auf den Tag genau heute vor 65 Jahren beschlossen die Vertreter der deutsch-französischen Gesellschaften der Bundesrepublik Deutschland, die in Wetzlar zu einer allerersten Tagung zusammen gekommenen waren, mit dieser Resolution die Bildung eines bundesweiten Arbeitskreises. Das Aufgabengebiet des Arbeitskreises war die Herausgabe eines Mitteilungsblattes, regionale Zusammenfassung und Organisation weiterer Treffen, jedoch unter Wahrung der Selbständigkeit der Mitglieder. Dies war ein essentieller Aspekt. Einige große DFGen wie Berlin, Hamburg, Kiel und Tübingen (damals die mitgliederstärkste Gesellschaft überhaupt!) waren nicht unter den Unterzeichnern der ersten Stunde. Der Verabschiedung der o.g. Resolution waren sehr intensive und kontroverse Diskussionen vorausgegangen. Man hegte – so kurze Zeit nach dem Dritten Reich – gerade bei den mitgliederstarken Gesellschaften größte Bedenken gegenüber einer übergeordneten zentralen Organisation und legte äußersten Wert auf die lokale Unabhängigkeit, auch wenn die Zielsetzungen all dieser Gesellschaften quasi identisch waren: deutsch-französische Aussöhnung und Annäherung und Völkerverständigung, friedliches Zusammenleben in Europa durch Kulturvermittlung und bessere gegenseitige Kenntnis.
Ziel der Gründung des Arbeitskreises war es, durch informellen Informationsaustausch, Kooperationen und jährliche Zusammenkünfte Synergien in der ehrenamtlichen Arbeit sowie eine bessere interne und öffentliche Sichtbarkeit des Engagements für Völkerverständigung, Frieden und Freundschaft mit Frankreich zu schaffen und gleichzeitig knappe Finanzen zu schonen. Die Idee einer Kooperation der Gesellschaften war ein Jahr zuvor bei einer Studienreise nach Frankreich entstanden, zu der Vertreter von 20 Deutsch-Französischen Gesellschaften vom Service culturel der Französischen Botschaft eingeladen worden waren und dabei erstmalig miteinander in Kontakt kamen. Kontakte hatte es bei dieser Reise auch mit Vereinen in Frankreich gegeben, mit denen man in Verbindung blieb und die bald zu den Tagungen des neu gegründeten Arbeitskreises eingeladen und in den Arbeitskreis einbezogen wurden, so dass ab 1964 die Tagungen wechselweise in Deutschland und Frankreich stattfanden. Aus vereinsrechtlichen Gründen wurden zu Beginn der 1980er Jahre zwei Verbände nach dem jeweiligen nationalen Vereinsrecht daraus.
Aus 21 Gründungsmitgliedern sind heute 135 Mitgliedsvereine der VDFG für Europa e.V. in Deutschland und mindestens ebenso viele bei der FAFA pour l’Europe in Frankreich geworden. Die beiden Vereinigungen repräsentieren gemeinsam schätzungsweise 30.000 Anhänger des Franco-Allemand.
Grenzüberschreitende Vernetzung und Schaffung einer Plattform für den zivilgesellschaftlichen deutsch-französischen Austausch als Unterstützung für ihre Mitglieder, die ihren Beitrag zur Völkerverständigung in Europa und zum europäischen Aufbau vor Ort leisten, ist bis heute das zentrale Anliegen der beiden Verbände geblieben; die dafür eingesetzten Mittel und Medien haben sich mit dem gesellschaftlichen Wandel und dem technischen Fortschritt verändert. Ein besonderes Anliegen ist es heute im Zeitalter der Medien auch, die Sichtbarkeit der zivilgesellschaftlichen ehrenamtlichen Arbeit für die deutsch-französische Freundschaft zu verbessern und ihre Interessen gegenüber der Politik zu vertreten. So brachten VDFG und FAFA z.B. im Vorweg zum Aachener Vertrag von 2019 ihre Vorschläge in die Diskussion ein, insbesondere die Idee eines Fonds zur Förderung bürgerschaftlichen Austausches, (der mit dem Bürgerfonds Realität geworden ist!) und sie entwickelten in einer großen Online-Konferenz Anfang 2022 gemeinsame Ideen, die in die Konferenz zur Zukunft Europas eingebracht wurden. Eine minimale finanzielle Absicherung der VDFG auf Bundesebene durch eine politisch gewollte verlässliche und dauerhafte Förderung ist jedoch – trotz der allenthalben manifestierten Wertschätzung für die Arbeit – bis heute leider ein Desiderat geblieben.
Die ursprüngliche Zielsetzung der Verständigung für den Frieden durch den Aufbau eines Netzwerkes in der Zivilgesellschaft, das unabhängig von den politischen Wechselfällen ist, hat nichts von ihrer Aktualität verloren, wie die jüngsten Entwicklungen auf dem europäischen Kontinent zeigen. Ansatz und Bestreben der VDFG für Europa und der FAFA pour l’Europe sind also keineswegs in die Jahre gekommen, sondern jeweils im veränderten gesellschaftlichen Kontext neu gefordert. MM.
Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.
Einen Kurzfilm zu unserem aktuellen Engagement, der anlässlich des Jubiläums mit Unterstützung des Deutsch-Französischen Bürgerfonds entstand, finden Sie hier.