Schmerzhaftes Gedenken und Mut zum Handeln

In Wetzlar wurde am 27. Oktober an die schwärzeste Periode unserer Geschichte erinnert, aber auch an Mut und Tatkraft, die direkt an den Anfang unserer VDFG reichte. Dr. Oliver Nass, der Vorsitzende des VDFG-Kuratoriums hat eine Gedenktafel zu Ehren von Dr. Elsie Kühn-Leitz, seiner Großmutter, enthüllt, die am 10. September 1943 gemeinsam mit ihrem Vater, Ernst Leitz II, in die Verhörstelle der Gestapo ins “Aldefelsch’e Haus” beordert wurde. Dort wurde die Frau, die 1957 in Wetzlar den Vorläufer der VDFG gründete, wegen “versuchter Fluchthilfe” für eine “Halbjüdin” und “übertriebene Humanität gegenüber Ostarbeiterinnen” verhört und dann direkt ins Frankfurter Gestapo-Gefängnis gebracht. Elsie Kühn-Leitz hatte sich im Auftrag ihres Vaters um die Zwangsarbeitslager der Firma Leitz gekümmert. Dem Umstand, daß sie ihre Erfahrungen in der Gestapohaft, in der sie ohne Verfahren und ohne Ahnung von ihrem weiteren Schicksal gefangen war, 1946 zu Papier brachte, ist es zu danken, daß der Verein “Wetzlar erinnert” jetzt an dieses Geschehen erinnern konnte.

Sponsor der Gedenktafel ist neben der Stadt Wetzlar die Wetzlarer Wohnungsgesellschaft, der dieses Haus nun gehört, und die Ernst-Leitz-Stiftung, deren Vorsitzender Oliver Nass ist. Wetzlars Oberbürgermeister Manfed Wagner erinnerte daran, daß der deutsche Faschismus kein Ereignis gewesen sei, das “an einem Ort anderswo” stattfand, “sondern auch in unserer kleinen Stadt.” Das Aufstellen der Gedenktafel, die etwa 800 Euro kostet, wird unter anderem über die Stadt Wetzlar und den Lahn-Dill-Kreis aus dem Bundesprogramm “Demokratie leben” gefördert. Insgesamt 22 solcher Gedenktafeln sollen im Stadtgebiet aufgestellt werden.

Oliver Nass erinnerte daran, daß die Erfahrung ihrer Inhaftierung durch die Gestapo, die zum Glück nur gut zwei Monate dauerte, für Elsie Kühn-Leitz lebenslange Motivation war, Menschen in Not zu helfen und sich “für die Kultur als menschenverbindendes Element, für Völkerverständigung und Frieden in Europa einzusetzen. Hierzu zählen ihr Engagement für die deutsch-französische Verständigung oder auch die Wetzlarer Kulturgemeinschaft.” Ausdrücklich dankte Oliver Nass dafür, daß die Vorstände der VDFG und der DFG Wetzlar bei dieser Feierstunde vertreten waren.

Ausführliche Informationen, u.a. die Ansprache von Dr. Oliver Nass, finden Sie hier. DP