Der „Offene Brief“ der VDFG gegen die Schließung der drei Goethe-Institute inBordeaux, Lille und Strasbourg hat eine überaus deutliche Resonanz erfahren – neben rund 2.400 persönlich unterzeichnenden Unterstützer:innen haben sich gleichfalls 95 Verbände, Institutionen und Vereine hinter unsere Forderung gestellt. Die mediale Aufmerksamkeit war ebenfalls beachtlich. Dafür danken wir all denjenigen, die sich unserer deutlichen und sinnhaften Forderung angeschlossen haben.
Leider hat die Politik nicht die Konsequenzen aus unseren Appellen gezogen, die sie hätte ziehen können und müssen. Vielmehr erfolgte der wiederholte Hinweis – auch des Trägervereins der Goethe-Institute – auf den vom Auswärtigen Amt angestrebten Strukturwandel in der Arbeit der Goethe-Institute weltweit. Vollkommen aus dem Blick gerät der deutschen Politik dabei die nicht hoch genug einzuschätzende Bindung unserer beiden Partnerländer Deutschland und Frankreich. Dies gilt insbesondere in dieser Zeit der uns alle treffenden Krisen, namentlich direkt bei uns in Europa. Wäre gerade jetzt der sehr deutliche Schulterschluss zwischen Paris und Berlin nicht um so dringlicher?
Zahlreiche Artikel und Kommentare der letzten Wochen in den Medien weisen auf diese ganz und gar zutreffende Unterlassung, ja Fehleinschätzung hin. Sie kann von erheblicher, gar tragischer Tragweite sein. Dabei geht es nicht allein um die Frage von Sprachvermittlung und -kursen: Vielmehr ist die Vermittlung der Kultur in unseren Partnerländern essenziell für das wechselseitige Verständnis und damit für die so dringend benötigte gemeinsame politische und wirtschaftliche Handlungsfähigkeit. Extreme Gefahren für unsere Demokratie und das gute Zusammenleben in Europa tun sich an den politischen Rändern in vielen europäischen Staaten auf, zuletzt bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden. Wie wichtig bleibt es also, diesen Weg des Austauschs beizubehalten und zu intensivieren, aber keinesfalls zusammenzukürzen!
Leider bestätigt sich in dieser Zeit wieder eine Erfahrung, die nicht nur auf bundespolitischer Ebene Platz greift, sondern sich häufig auf kommunaler und regionaler Ebene wiederfindet: Bei der Kultur kann man am einfachsten und zumeist ohne große Widerstände Einsparungen vollziehen. Welch kurzsichtiger Blick, der Dinge vereinfacht herunterbricht und das große Ganze aus dem Blickwinkel verliert. Hoffen wir, dass es doch noch gelingt, im Verlauf der nächsten Zeit die vorgesehenen Schließungen der Goethe-Institute in Europa, namentlich in Frankreich, zu revidieren.
Die VDFG für Europa e.V. wird diesen Aspekt und dieses Drängen auf eine Korrektur der Berliner Fehlentscheidung jedenfalls nicht aus dem Auge verlieren, sondern sich weiterhin für eine sehr intensive deutsche Kulturvermittlung in Frankreich und Italien wie in allen anderen europäischen Staaten einsetzen. Denn Europa ist unsere Heimat und Europa braucht Stärkung durch uns alle. Wie sagte es schon Jürgen Habermas: „Öffentlichkeit ist Voraussetzung der Demokratie. Die europäischen Sprach- und Kulturinstitute leisten wertvolle Beiträge zum Abbau vorhandener Barrieren. An ihnen zu sparen, heißt an der Demokratie in Europa zu sparen.“ Jochen Hake