Lebhafte Diskussionen bei Jahreskongress

Intensive und lebhafte Diskussionen über die Zukunft der deutsch-französischen Beziehungen in Europa haben unseren 68. Jahreskongress vom 4.-6. Oktober in Landau/Pfalz geprägt. Er endete mit einer Reihe praktischer Empfehlungen. So entstand etwa in Zusammenarbeit mit unseren Freunden vom Deutsch-Französischen Jugendauschuss (DFJA) ein Katalog mit Praxistipps für die Gestaltung unserer Vereinsarbeit, incl. Fragen der Kommunikation und der Finanzierungsmöglichkeiten. (siehe Einzelberichte). Auch die Möglichkeiten zum Austausch bei Sportaktivitäten wurden in einem „Atelier“ diskutiert.

In drei Arbeitsgruppen haben wir uns auch politischen Fragen unserer Arbeit für die deutsch-französischen Bezehungen gewidmet. Es begann mit dem Thema „Rechtsextremismus in Deutschland und Frankreich“, das gerade in den jüngsten Wahlen (Europawahl, Wahl zur Nationalversammlung und Landtagswahlen in drei Bundesländern) an Bedeutung gewonnen hat. Ausführlich diskutierten Dr. Nils Franke vom Wissenschaftlichen Büro in Leipzig, Dr. Theresa Bernemann von der Universität Mainz und Dr. Landry Charrier von „dokdoc.eu“ die Erfolge des Rassemblement National in Frankreich und der „Alternative für Deutschland“. Dazu gehörten auch die Auswirkungen auf Europa, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien in beiden Ländern, sowie, was Deutschland angeht, die Bedeutung des neuen Bündnisses Sahra Wagenknecht.

Theresa Bernemann, Landery Charrier, Tanja Herrmann, Nils Franke (vlnr), Foto: Erik Paul

Es folgte eine Diskussion über „Binationale strukturen – Wunsch und Wirklichkeit“. Dazu stellten Vertreter und Vertreterinnen dreier solcher binationaler Strukturen ihre Arbeit vor sowie ihre Wünsche für die Zukunft und die Probleme, die auf dem Weg dorthin zu überwinden sind. Die Abgeordnete Brigitte Klinkert aus der Nationalversammlung (Oberelsass) beschrieb die Aufgaben und ihre Vorschäge für die Arbeit der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Vesammlung (DFPV), deren Vorstand sie gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Nils Schmid leitet. Die Verwaltungsdirektorin des deutsch-französischen TV-Senders „arte“, Marysabelle Cote, sprach über die anfängliche Skepsis und inzwischen gewonnene Akzeptanz des gemeinsam gestalteten Programms, bei dessen Auswahl auf unterschiedliche Sehgewohnheiten und Senderstrukturen Rücksicht zu nehmen ist. Schließlich gab der Gendarmerie-Hauptmann Bertrand Loubette Einblick in die Arbeit der vor fünf Jahren aufgestellten „Deutsch-Französischen Einsatzeinheit“ aus Gendarmerie Nationale und Bundespolizei. Sie besteht aus je 30 Beamten und wird nicht nur im Grenzgebiet, sondern auf dem gesamten nationalen Territorium eingesetzt, etwa bei Grossereignissen. Er plädierte dafür, dass diese rasch weiterentwickelt werde, damit erreichte Fortschritte durch Veränderungen der politischen Lage, etwa die Wahl von Marine Le Pen zur Präsidentin in drei Jahren, nicht so leicht rückgängig zu machen sind.

Bertrand Loubette, Marysabelle Cote, Detlef Puhl, Brigitte Klinkert (vlnr), Foto. Erik Paul

Schließlich widmete sich die dritte Arbeitsruppe dem Thema „Wirtschaft-Kultur-Gesundheit – grenzüberschreitende Projekte in der Praxis.“ Dabei ging es zum einen um Projekte zur Förderung grenzüberschreitender beruflicher Bildung, bei denen sich das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) um Austauschprogramme bemüht. Diese erläuterte der Sonderbeauftragte des Projekts „Regio Lab“ beim DFJW“, Frédéric Schmachtel. Über die grenzüberschreitende Kooperation im Gesundheitswesen informierte die Projektleiterin Anne Dussap. Dabei geht es z.B. um die Bedingungen für eine Kooperation zwischen dem Krankenhaus in Weißenburg (Wissembourg) und dem Deutschen Roten Kreuz Südpfalz, etwa bei Epilepsiebehandlungen. Auch die Konkurrenz um Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich spielt hier eine große Rolle. Schließlich berichtete die Vizepräsidentin der Eurométropole Strasbourg, Anne-Marie Jean, über die vielfältige Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen, etwa des „Port Autonome de Strasbourg“ und den Behörden in Kehl. (Siehe Einzelberichte)

Frédéric Schmachtel, Anne-Marie Jean, Sylvaine Mody (vlnr), Foto: Erik Paul

Anne-Marie Jean informierte die Teilnehmer auch darüber, dass sich der Stadtrat von Strasbourg einstimmig gegen die neuen stationären Grenzkontrollen ausgesprochen hat, die die Bundesregierung am 16. September auch an den Grenzen zu Frankreich verfügt hatte. In dieser Frage hat auch der Vorstand der VDFG Stellung bezogen und eine Resolution verabschiedet (siehe Text vom 7.10.), mit der die VDFG dazu aufruft, „den Rufen zur Abschottung zu widerstehen“ und gemeinsam mit Frankreich dafür zu sorgen, dass die mit Fragen der Migration bestehenden Herausforderungen im Geiste europäischer Solidarität behandelt werden. Neben diesen Mahnungen zum Erhalt der bereits erreichten Fortschritte, etwa im Schengen-Raum, standen Bekenntnisse der etwa 200 Teilnehmer aus Frankreich und Deutschland, zum Ausbau, ja zur Intensivierung der engen Zusammenarbeit, besonders in den Grenzgebieten, wo das Zusammengehörigkeitsgefühl schon sehr ausgeprägt ist.

Praktische Aktivitäten rundeten das Programm ab. Unser Vizepräsident Dr. Claus-Michael Allmendinger unternahm mit einer Gruppe von Teilnehmenden einen Ausflug zum Geothermie-Projekt in Insheim, das zu einer nachhaltigen Wäremvesorgung am Oberrhein durch Tiefengeothermie beitragen soll. Dort erfuhren sie Interessantes über die Geothermie-Projekte, die im gesamten Oberrheingraben betrieben werden, auch im Elsass und bei denen die „Electricité de Strasbourg“ mit der deutschen EnBw AG eng zusammenarbeitet.  Unsere Ehrenpräsidentin Dr. Margarete Mehdorn begleitete eine andere Gruppe bei einem Stadtrundgang durch Landau „auf den Spuren der Geschichte – erlebte und gelebte Interkulturalität“. Und Präsident Jochen Hake erkundete mit einer Gruppe die deutsch-französische Weinkultur, die im binationaen Masterstudiengang „Weinbau und Önologie“ in Neustadt vermittelt wird. Auch die „Verständigung durch Musik“ wurde in einem „Atelier“ thematisiert.

Zum Abschluss veranstaltete die Friedensakademie Landau eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Zukunft der Versöhnung“. Daran nahm dann auch ein ausgewiesener Kenner Polens teil, der dadurch zu einer Verbreiterung des Rahmens auf das „Weimarer Dreieck“ beitrug. Hier, wie auch in der Eröffnungsdiskussion mit, unter anderen, dem Leiter des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg, Dr. Marc Ringel, stand die Dringlichkeit im Vordergrund, mit der angesichts der aktuellen politischen Tendenzen das zivilgesellschaftliche Engagement über die Grenzen hinweg weiter betrieben werden muss.

Der Kongress wurde u.a. mit Mitteln des Auswärtigen Amtes (IFA), des Deutsch-Französischen Bürgerfonds und der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz gefördert. DP