Die erste Präsidentin unserer Vereinigung Deutsch-Französischer Gesellschaften, Dr. Elsie Kühn-Leitz, verstarb vor 40 Jahren in Wetzlar. Daran erinnerten am 5. August im Haus Friedwart in Wetzlar in einer Feierstunde der Vorsitzende der Ernst Leitz Stiftung und Enkel der Gewürdigten, Dr. Oliver Nass, sowie der Oberbürgermeister von Wetzlar, Manfred Wagner, und der Vorsitzende der Wetzlarer Kulturgemeinschaft, Boris Rupp. VDFG-Präsident Jochen Hake würdigte, auch im Namen unseres französischen Partnerverbandes „Fédération des Acteurs Franco-Allemands pour l’Europe“ (FAFA) und deren Präsikdenten, Jean-Michel Prats, den entscheidenden Beitrag dieser „Grande Dame“ des Deutsch-Französischen. Aus dem von Elsie Kühn-Leitz gegründeten Arbeitskreis entstand 1957 die VDFG, in der inzwischen fast 145 Gesellschaften, Vereine, Wirtschaftsclubs und Gruppen vereint sind, deren rund 20.000 Aktivisten sich für das deutsch-französische Verständnis einsetzen.
Wie würde sich Elsie Kühn-Leitz heute, angesichts der Kriege in der Ukraine und in Gaza, der Klimakrise und der politisch schwierigen Lage in Europa und im „Westen“ wohl verhalten, fragte Jochen Hake und hatte die Antwort schon parat: So wie zu Beginn nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges würde sie wohl ihr Umfeld auffordern, „die sprichwörtlichen Ärmel hochzukrempeln und sich bürgerschaftlich zu engangieren – für den Frieden in der Welt und in Europa, für ein deutlich geeintes Europa, für mehr Menschlichkeit, für schnelle und nachhaltige Maßahmenn gegen die Klimakrise.“ Jochen Hake nahm das Gedenken an den Todestag von Elsie Kühn-Leitz zum Anlass, an die Grundlage zu erinnern, die die Freundin des Deutsch-Französischen lange vor dem Elysee-Vertrag gelegt hatte. In enger Freundschaft zu Konrad Adenauer und dem Elsässer Albert Schweitzer hat sie maßgeblich dazu beigetragen, dass etwas wachsen konnte, was heute „Erinnerungskultur“ genannt wird. „Erinnerungskultur schützt uns vor Revisionismus, bei dem die Vergangenheit umgedeutet oder gar relativiert wird,“ sagte Jochen Hake. „Das ist gerade heute politisch umso bedeutender geworden.“
Elsie Kühn-Leitz trug wesentlich dazu bei, dass ihre Heimatstadt Wetzlar schon 1960 eine Städtepartnerschaft mit Avignon besiegeln konnte. 1965 dann ehrte sie die Französische Republik mit dem Orden der „Palmes Académiques“ und die Stadt Wetzlar mit der Ehrenbürgerschaft. 1966 folgte die Partnerstadt Avignon und machte sie zur Ehrenbürgerin.
Es ist deshalb nicht nur Symbolik, wenn die VDFG mit Hilfe der Ernst Leitz Stiftung wiederkehrend Persönlichkeiten mit dem „Elsie-Kühn-Leitz-Preis“ auszeichnet, die sich um die Förderung der deutsch-französischen Freundschaft und die Völkerverständigung verdient gemacht haben. In diesem Jahr wird dies bei unserem nächsten Jahreskongress in Nantes im Oktober der Fall sein. Der erste fand übrigens vom 26. bis 30. Juni 1957 in Wetzlar statt und war dem Thema „Das deutsch-französische Gespräch. Entretiens faranco-allemands“ gewidmet – ein Thema so aktuell wie eh und je.
Der Enkel vo Elsie Kühn-Leitz, Dr. Oliver Nass, ist heute Vorsitzender des Kuratoriums der VDFG. Er erinnerte an die Wegbereiterin der deutsch-französischen Aussöhnung, die er „Mama Elsie“ nannte, und daran, wie sie an der Seite Albert Schweitzers auch Unterstützerin einer unabhängigen Entwicklung Afrikas war; wie sie von den Nazis wegen „übertriebener Humanität“ verhaftet wurde und heute in der Liste der „stillen Helden“ der Gedenkstätte Deutscher Widerstand an der Seite ihres Vaters aufgeführt ist. DP
Gedenken an Elsie-Kühn-Leitz: Boris Rupp, Dr. Oliver Nass, Jochen Hake (vlnr); Foto: privat